Große und komplexe Projekte verlangen nach einem professionellen Risikomanagement. Risiken sind grundsätzlich nichts Schlechtes, da sie das Projekt positiv oder negativ beeinflussen können. Doch Projektleiter und Stakeholder nehmen sie vordergründig als bedrohlich wahr. Wie graue Regenwolken verdunkeln sie den Projekthorizont. Sie dringen in alle Bereiche des Projektmanagements ein: verspäteter Liefertermin, Kostenexplosion oder schlechte Produktqualität. Das Risiko ist das Gegenstück zur Planungssicherheit – es ist dem zertifizierten PMI-Projektleiter ein Garaus. Doch wie entzieht er dem Risiko seine zerstörerische Kraft? In dem er akzeptiert, dass Risiken und deren Management zur täglichen Projektarbeit gehören.
Risikomanagement planen
Ein guter Plan ist ein Plan. Im Risikomanagementplan beschreibt der Projektleiter, wie er mit der Herausforderung umgehen will. Es gilt der Grundsatz der Angemessenheit. Deshalb plant der Projektleiter nur so viele Ressourcen ein, wie sie zur Größe des Projektes wirtschaftlich angemessen erscheinen.
Risiken identifizieren
Doch die Liste der Gefahren ist lang. Das PMBok klassifiziert Risiken nach externen und internen EInflussfaktoren. Als externe Risiken zeigen sich unter anderem rechtliche oder staatliche Vorgaben, die noch nicht entschieden sind, jedoch großen Einfluss auf das Projekt ausüben könnten. Auch schwer kalkulierbare Währungsschwankungen, die sich direkt auf den Einkaufspreis einer Dienstleistung oder einem Vorprodukt auswirken könnten, zählen zu den externen Risiken. Als ernsthafte interne Herausforderungen können sich diese Risiken entwickeln: Projektmitarbeiter oder Stakeholder vergessen, Arbeitspakete im Arbeitsstrurkturplan zu designen. Wichtige Meilensteine wurden zwar geplant und kommuniziert, entwickeln sich aber im Projektablauf als unrealistisch. Oder ein wichtiger Fachmann wird unerwartet und langfristig krank. Auch Scope Creep, die ungeplante Ausweitung des Projektumfanges, ohne Termin- und Budgetanpassung, birgt erhebliches Gefahrenpotenzial. Das Ursache-Wirkungs-Diagramm, auch als Ishikawa- oder Fischgrätendiagramm bezeichnet, unterstützt den Projektleiter, Risiken zu identifizieren. Dieser sammelt er in einem Risikoregister.
Qualitative Risikoanalyse durchführen
Wie wahrscheinlich ist es, dass ein identifiziertes Risiko eintritt? Und wenn es eintritt, welchen Schaden kann es anrichten? Antworten auf diese Fragen gibt die qualitative Risikoanalyse. Sie liefert einen schnellen und kostengünstigen Überblick zu Eintrittswahrscheinlichkeiten und deren Auswirkungen. Die qualitative Risikoanalyse wiederholt der Projektleiter zyklisch während des gesamten Projektablaufes. Die Matrix, die die Ergebnisse beinhaltet, muss aktuell sein. Ändern sich die Risiken, ändert sich die Matrix. Der Projektleiter achtet darauf, dass alle Änderungen dokumentiert werden.
Quantitative Risikoanalyse durchführen
Auf Basis der qualitativen Risikoanalyse liefert die quantitative Risikoanalyse detailliertere Ergebnisse. Dafür nutzt sie mathematische Modelle wie die Monte-Carlo-Simulation oder die Entscheidungsbaumanalyse. Projektmanagementsoftware unterstützt diese aufwendigen Verfahren. Die qualitative Risikoanalyse wird meistens für große und komplexe Projekte angewendet.
Risikobewältigungs-Maßnahmen planen
Welche Strategien bieten sich an, Risiken zu bewältigen? Zunächst sollte der Projektleiter versuchen, die Ursache des Risikos zu beseitigen. Gelingt ihm das nicht, sucht er Möglichkeiten, um die Eintrittswahrscheinlichkeit zu reduzieren. Das heißt, er versucht die Einflussgrößen auf das Risiko abzufedern. Eine weitere erfolgsversprechende Strategie ist, die Verantwortung, falls das Risiko eintreten sollte, nach außen zu übertragen. Dazu zählen unter anderem Versicherungen, Garantien und Bürgschaften abzuschließen. Besonders bei unbekannten Risiken bietet sich dieses Vorgehen an. Grundsätzlich sollte der Projektleiter eine Reserve für die sogenannten „Unknown unknowns”, den unbekannten Unbekannte, bilden. Diese Bezeichnung geht auf den ehemaligen US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld während des Dritten Golfkrieges zurück. Damit ist das Fehlen von Eintrittsbeweisen eines Risikos gemeint. Sind alle Maßnahmen, die in Betracht kommen, geplant, fügt sie der Projektleiter als zusätzliche Arbeitspakete in den Arbeitstrukturplan ein.
Risiken überwachen und steuern
Der professionelle Projektleiter ruht sich auf den einmal ausgearbeiteten Plan nicht aus. Denn Risiken finden Nährstoffe auf dem fruchtbaren Projektboden, um sich fortzupflanzen. Deshalb fahndet der Projektleiter ständig nach neuen Chancen und Risiken. Hat er sie identifiziert und analysiert, schätzt er ab, wie sie sich auf das Projekt auswirken. Dann entwickelt er Gegenmaßnahmen. Entpuppen sich bestehende Risiken als bedeutungslos, entfernt er sie aus dem Risikoregister.